Pressemeldung der Deutschen Leberhilfe e.V.
Am 28. Juli 2019 ist Welt-Hepatitis-Tag
Köln, 02.07.2019. Am 28. Juli findet der Welt-Hepatitis-Tag statt, wie im letzten Jahr unter dem Motto „Hepatitis: Findet die fehlenden Millionen“. Das Motto ist aktueller denn je: Obwohl es wirksame Schutzmaßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten gibt, sind die meisten Infektionen noch nicht diagnostiziert.
Allein die chronische Hepatitis B und C betreffen weltweit schätzungsweise 325 Millionen Menschen – von denen gerade einmal 25 Millionen diagnostiziert sind. Sprich: 300 Millionen Menschen ahnen nichts von ihrer Infektion, die oft über Jahre still und heimtückisch die Leber schädigt. Die Leber hat kein Schmerzempfinden und bekannte Hepatitis-Symptome wie z.B. eine Gelbsucht treten nur bei einer Minderheit der Betroffenen auf.
Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Hepatitis“? Welche verschiedenen Formen gibt es? Und warum ist es so wichtig, die Unterschiede zu kennen? Unser Übersichtsartikel klärt auf.
Was ist Hepatitis?
Hepatitis heißt übersetzt „Leberentzündung“. Eine Hepatitis kann viele verschiedene Ursachen haben. Sehr oft sind die Viren Hepatitis A, B, C, D oder E für die Leberentzündung verantwortlich (Virushepatitis). Es gibt jedoch auch Leberentzündungen, die durch Medikamente, Giftstoffe, Alkohol (alkoholische Fettleber), Übergewicht (nicht-alkoholische Fettleber) oder eine Fehlsteuerung des Immunsystems (Autoimmunhepatitis) hervorrufen werden. Anders als virale Hepatitiden sind diese Erkrankungen niemals ansteckend.
Die Leber erfüllt viele lebenswichtige Aufgaben: Sie entgiftet das Blut und spielt eine wichtige Rolle im Stoffwechsel sowie bei der Verdauung, Immunabwehr und Blutgerinnung. Bei einer Hepatitis – egal ob viral oder nicht-viral – werden Leberzellen zerstört. Wenn eine Hepatitis chronisch wird, können sich durch die jahrelange Zellzerstörung Narben bilden (Leberfibrose). Ist die Leber vollständig vernarbt (Leberzirrhose), sind die lebenswichtigen Funktionen stark eingeschränkt und es kann sich zudem ein Leberzellkrebs entwickeln. Mit einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung lassen sich diese Spätfolgen jedoch oft verhindern.
Hepatitis A (HAV)
Gegen das Hepatitis-A-Virus gibt es eine sichere Impfung. Hepatitis A wird oft in Mittelmeerländern gefunden und tritt daher häufig als Reisekrankheit auf. Übertragen wird das Virus durch mit HAV verunreinigtes Trinkwasser, also auch Eiswürfel, durch mit HAV kontaminiertem Wasser gewaschenen Früchten und Salaten und durch Muscheln aus solchen verunreinigten Gewässern, aber auch durch Schmierinfektionen, z.B. u¨ber Toiletten und Badewasser. Eine sexuelle Übertragung ist insbesondere bei oral-analen Praktiken möglich. In den Homosexuellenszenen in Berlin, London, Amsterdam und anderen Großstädten wurde in der Vergangenheit mehrfach von Ausbrüchen berichtet.
Meist verläuft Hepatitis A unbemerkt, es sind jedoch auch Symptome wie z.B. Gelbsucht, Übelkeit und Müdigkeit möglich. Die Infektion ist kurze Zeit hoch ansteckend, aber sie wird nicht chronisch und heilt in der Regel folgenlos von selbst aus. Wer die Infektion durchgemacht hat, ist lebenslang gegen Hepatitis A immun. Bei bestimmten Risikogruppen wie Senioren, Leberkranken und immungeschwächten Menschen kann die Hepatitis-A-Infektion jedoch gefährlich werden und sogar zum Leberversagen fu¨hren.
Hepatitis B (HBV)
Hepatitis B ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) hervorgerufen wird. Auch gegen Hepatitis B gibt es eine sichere Impfung. HBV wird über Körperflüssigkeiten übertragen. Kontaminiertes Blut ist besonders ansteckend, doch auch über Sperma, Scheidensekret und ggf. Speichel ist eine Infektion möglich. Eine akute Hepatitis-B-Infektion heilt bei den meisten Menschen in den ersten sechs Monaten von selbst aus; allerdings bleibt das Erbmaterial des Hepatitis-B-Virus trotzdem lebenslang im Körper und insbesondere im Kern der Leberzellen erhalten. Deshalb kann selbst eine „ausgeheilte“ Hepatitis-B-Infektion noch Jahrzehnte später wieder aktiv werden, wenn das Immunsystem unterdrückt wird (z.B. durch Chemotherapien, Knochenmarkstransplantationen oder HIV-Infektionen).
Bei 5-10% der mit HBV infizierten Erwachsenen kommt es zu einer chronischen Leberentzündung, die sich unbehandelt über viele Jahre zu Leberzirrhose und Leberkrebs entwickeln kann. Heutzutage gibt es antivirale Medikamente, die direkt die Virusvermehrung in der Leber unterdrücken. Allerdings müssen dafür die Tabletten jeden Tag als Dauertherapie eingenommen werden. Einige Patienten können auch ein Jahr lang mit Interferon (eine Spritze pro Woche) behandelt werden. Interferon regt das körpereigene Immunsystem an, so dass es dauerhaft die Virusvermehrung unterdrücken kann. Allerdings hat Interferon Nebenwirkungen wie Grippesymptome, Depressionen und Blutbildveränderungen. Die heute verfügbaren Therapien sind in der Regel nicht heilend.
Verschiedene neue Arzneimittel werden in Studien untersucht. Es wird gehofft, dass künftige Therapien häufiger einen Zustand wie nach einer Spontanheilung erreichen, bei dem das Hepatitis-B-Virus dauerhaft aus dem Blut verschwindet und nur noch Antikörper als Immunreaktion zurückbleiben. Das B-Virus auch aus den Leberzellen zu eliminieren bleibt bislang noch ein weit entfernter Traum.
Hepatitis C (HCV)
Die Hepatitis C wird durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht. Gegen dieses Virus gibt es keine Schutzimpfung, aber dafür ist die Infektion heute fast immer heilbar.
Hepatitis C wird vor allem durch direkten Kontakt mit infiziertem Blut übertragen. Die wichtigsten Infektionsursachen sind Blutprodukte vor 1990, Verletzungen, gemeinsam benutztes Spritzbesteck beim Drogengebrauch und schlechte Hygiene bei Piercings, Tätowierungen sowie medizinischen Eingriffen. Das Risiko einer sexuellen Infektion ist deutlich geringer als bei Hepatitis B, steigt aber bei Verletzungen, Menstruation und „harten“ Sexpraktiken.
Nur etwa 20% der akuten Hepatitis-C-Infektionen heilen im ersten halben Jahr von selbst aus. In bis zu 80% der Fälle wird die Hepatitis C chronisch. Anders als bei einer ausgeheilten Hepatitis A oder B ist man nach einer ausgeheilten Hepatitis C nicht immun, sondern kann sich durch kontaminiertes Blut jederzeit wieder mit HCV anstecken. Es scheint keine natürliche Immunität gegen HCV zu geben und dies macht es sehr schwer, eine Schutzimpfung zu entwickeln.
Hepatitis C ist heilbar und bei der Behandlung hat es zwischen 2014 und 2017 eine Revolution gegeben. Frühere Therapien mit Interferon hatten noch viele Nebenwirkungen, waren langwierig und führten nur bei einigen Patienten zur Heilung. Mittlerweile gibt es verschiedene neuartige, antivirale Therapien in Tablettenform. Diese sind verträglicher, dauern in der Regel 8 bis 12 Wochen und heilen Hepatitis C schon beim ersten Versuch in mehr als 95 % der Fälle dauerhaft aus.
Eine diagnostizierte Hepatitis C auszuheilen ist heute – anders als früher – also praktisch kein Problem mehr. Die größte Herausforderung bei HCV ist nun, die noch unentdeckten Betroffenen rechtzeitig zu diagnostizieren, bevor sie schwer erkranken.
Hepatitis D (Delta)
Das Hepatitis-D-Virus kann nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus existieren, weil es dessen Hülle zur Vermehrung braucht. Es gilt jedoch als gefährlichstes Hepatitis-Virus, weil die Krankheit schwerer verläuft und sich schneller Spätfolgen wie Zirrhose oder Leberkrebs einstellen als bei Menschen, die allein an einer Hepatitis B erkrankt sind. Hepatitis D wird durch Blut- und Sexualkontakte übertragen – entweder gleichzeitig mit Hepatitis B oder später zu einer bereits bestehenden Hepatitis-B-Infektion.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind noch eingeschränkt. Hepatitis-B-Medikamente sind wirkungslos gegen Hepatitis D und derzeit ist Interferon das einzige verfügbare Medikament, welches gegen dieses Virus eine Wirksamkeit zeigt. Interferon kann jedoch nur einen Teil der Hepatitis-D-Infektionen unterdrücken, und selbst dann ist der Therapieerfolg oft nicht von Dauer.
An neuartigen, virushemmenden Medikamenten gegen Hepatitis D wird geforscht. Zudem wird gehofft, heilende Therapien gegen Hepatitis B zu finden, die gleichzeitig dem Delta-Virus die Überlebensgrundlage entziehen. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor Hepatitis D.
Hepatitis E (HEV)
Hepatitis E wird durch das Hepatitis-E-Virus verursacht; dieses ist das häufigste Hepatitis-Virus in Deutschland. Diese Erkenntnis ist noch recht neu, denn lange Zeit glaubte man, dies sei nur eine Reiseinfektion aus fernen tropischen Ländern; entsprechend wurde häufig gar nicht auf diese Infektion untersucht. Das Robert Koch-Institut schätzt inzwischen, dass jeder sechste Deutsche bereits eine Hepatitis-E-Infektion durchgemacht hat, andere Schätzungen gehen noch höher. In Europa und anderen westlichen Industrieländern ist die Hauptinfektionsquelle rohes Fleisch von Haus- und Wildschwein, beispielsweise Schweinemett, aber auch mit Fäkalien gedüngte Erdbeeren oder Salat können wohl Ursache für eine Hepatitis E sein. Blutprodukte haben ebenfalls zu Übertragungen geführt und diese Quelle soll nun ausgeschaltet werden: In den Jahren 2020 und 2021 wird in zwei Schritten eine Testung aller Blutspenden und -produkte verbindlich eingeführt.
Nahezu alle akuten Hepatitis-E-Infektionen (99%) heilen unbemerkt und ohne Symptome aus. In einigen Fällen können Hepatitis-typische Symptome wie z.B. eine Gelbfärbung der Haut und Augen entstehen. Selten, aber möglich sind auch neurologische Komplikationen wie z.B. Schmerzen oder Lähmungserscheinungen. Zudem sind Schwangere, chronisch Leberkranke oder immungeschwächte Menschen durch Hepatitis E gefährdet. Bei ihnen kann eine Infektion mit HEV zu Komplikationen oder – bei Immunschwäche – auch zu chronischen Verläufen führen. Chronische Hepatitis E ist selten, aber kann innerhalb weniger Jahre zu einer Zirrhose führen. Hepatitis E lässt sich in Notfällen mit Ribavirin ausheilen, welches dafür aber nicht zugelassen und fast nie nötig ist. Ein Impfstoff existiert nur in China und es ist unklar, ob dieser auch gegen den in Europa verbreiteten Typ der Hepatitis-E-Viren schützt.
Bei Risikofaktoren testen lassen
Viele Hepatitis-Infektionen bleiben lange Jahre unbemerkt. Oft gibt es keine oder nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Gelenkbeschwerden. Ein typisches Symptom ist beispielsweise eine Gelbfärbung der Haut bzw. der Augen (Ikterus), das aber nicht jeder Mensch mit Hepatitis entwickelt. Auch erhöhte Leberwerte (vor allem die GPT) können ein erster Hinweis auf eine Hepatitis sein, aber nicht jeder Hepatitis-Kranke hat auffällige Leberwerte. Auf der Webseite www.lebertest.de/ können Interessierte anonym herausfinden, ob es bei ihnen Risikofaktoren für eine Hepatitis-Infektion gibt.
Was ist der Welt-Hepatitis-Tag?
Der Welt-Hepatitis-Tag wird global am 28. Juli 2019 begangen und steht dieses Jahr erneut unter dem Motto „Hepatitis: Findet die fehlenden Millionen!“ Dieses Motto ist – wie auch das englische Motto „Find the Missing Millions“ – aktueller denn je. Während die chronische Hepatitis-B-Infektion bereits gut kontrollierbar, aber selten heilbar ist, ist Hepatitis C heute praktisch immer heilbar und könnte weltweit eingedämmt werden. Die WHO hat dieses ehrgeizige Ziel für 2030 ebenso gesetzt wie die Bundesregierung mit der BIS2030-Strategie. Die Bundesrepublik Deutschland ist vorbildlich beim Therapiezugang, aber liegt beim Screening hinter anderen Ländern: Nach wie vor ist von einer großen Dunkelziffer von Menschen mit unentdeckter Hepatitis B und C auszugehen und es gibt kaum Bemühungen, dies zu ändern. Derzeit rechnet die WHO deshalb nicht damit, dass Deutschland die bis 2030 gesteckten Eindämmungsziele erreichen kann.
Im Fokus des Welt-Hepatitis-Tages steht, die noch unentdeckten Patienten zu finden, um diese frühzeitig zu behandeln, vor Spätfolgen zu bewahren und Neuinfektionen einzudämmen.
Die World Hepatitis Alliance ist der globale Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages, in Deutschland organisiert die Deutsche Leberhilfe e.V. den Aktionstag. Weitere Informationen rund um den Welt-Hepatitis-Tag finden Sie auf www.welthepatititstag.info
Wer ist die Deutsche Leberhilfe e.V.?
Die Deutsche Leberhilfe e.V. wurde 1987 Jahren von engagierten Patienten gegründet. Der gemeinnützige Verein ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert. Die Leberhilfe verfolgt als Hauptziel, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem sie Patienten und ihre Angehörigen berät und Informationsschriften in verständlicher Sprache herausgibt. Ein weiteres Ziel des Vereins ist, die Bevölkerung u¨ber mögliche Ursachen, Verlauf, Therapie und Verhütung von Leberkrankheiten zu informieren. Langfristig soll dies dazu beitragen, Vorurteile zu entkräften und den schlechten Ruf der Lebererkrankungen als „selbstverschuldete” Krankheiten zu verbessern. In diesem Rahmen ist die Leberhilfe in Deutschland Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages.
Der Verein wird von einem ehrenamtlich tätigen Vorstand geleitet und hat in Köln seine Geschäftsstelle, die mit erfahrenen Mitarbeitern besetzt ist. Bei medizinischen Fragen wird die Leberhilfe von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, die die Richtigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen gewährleisten.