Magen-Darm-Arzt – Primärarzt für chronisch erkrankte Menschen

In Deutschland leben Hunderttausende Menschen, die chronisch unter Erkrankungen des Verdauungssystems leiden und einer kontinuierlichen qualifizierten Betreuung bedürfen. Sie werden nicht nur von Hausärzten, sondern in kritischen Phasen und bei schubartigen Verläufen auch in den Praxen niedergelassener Magen-Darm-Ärzte behandelt.

In Deutschland haben rund 650.000 Menschen chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Mehr als 30.000 infizieren sich jedes Jahr mit einer viralen Hepatitis. Gut 55.000 erkranken jedes Jahr an Darmkrebs. All diese Patienten kommen im Verlauf ihrer Behandlung in die Praxis eines Magen-Darm-Arztes. Viele kämpfen ihr Leben lang mit Symptomen und müssen medikamentös so eingestellt werden, dass sie ihren Alltag mit möglichst wenig Beschwerden bewältigen können.

„Die regelmäßige Versorgung dieser Patientinnen und Patienten erfordert adäquate ambulante Strukturen und entsprechend weitergebildete Ärzte, die bereit sind, die mit der Niederlassung verbunden wirtschaftlichen Risiken auf sich zu nehmen“, erklärt Dr. Petra Jessen, die Sprecherin der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte. Angesichts der immer weiter verbreiteten stoffwechselbedingten Fettlebererkankung wird sich die Anzahl der Patienten, die einer ambulanten Versorgung bedürfen, in absehbarer Zeit noch erheblich vergrößern.

„Viele Patienten mit chronischen Erkrankungen der Verdauungsorgane sehen wir regelmäßig in unseren Praxen“, berichtet Dr. Jessen. „Sie benötigen intensive Betreuung und eine sachgerechte Medikamentenverordnung. Für sie ist der Magen-Darm-Arzt der Primärarzt. Doch in unserem Gesundheitssystem werden diese Patienten nicht ausreichend beachtet. Wir haben für ihre Versorgung nur ein begrenztes Budget zur Verfügung. Gesprächsleistungen sind so gut wie gar nicht vorgesehen. Die Medikamentenverordnung ist immer mit dem Risiko von Regressen behaftet. Und nachrückende Mediziner werden in ihrem Studium völlig unzureichend auf eine Tätigkeit im ambulanten Bereich vorbereitet.“

Quelle: magen-darm-aerzte.de

Rückblick: 170. Sitzung des gastroenterologischen Qualitätszirkels

Der Gastroenterologische Qualitätszirkel, 1994 gegründet, traf sich am 11. November 2024 zu seiner 170. Sitzung im Evangelischen Krankenhaus (EVK) in Herne.

Zu den regelmäßigen Sitzungen kommen Hausärzte, niedergelassene Fachärzte und Klinikkollegen, die Patienten mit Magen-Darm- und Lebererkrankungen betreuen. Bei dem aktuellen Treffen referierten (vl.) Frau PD Dr. Caroline Manthey (niedergelassene Gastroenterologin in Witten und Leitlinienautorin) und Dr. Dietrich Hüppe (Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Herne) über die aktuelle Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Magen-Darm-Infektionen und bundesweite Behandlungsergebnisse bei chronischer Hepatitis C.

PD Dr. Caroline Manthey & Dr. Dietrich Hüppe
PD Dr. Caroline Manthey, Dr. Dietrich Hüppe

Terminausfall ohne Absage – Wer Termine versäumt, schadet anderen Patienten

Logo Magen-Darm-Ärzte„Engpässe und knappe Ressourcen bestimmen zu unser aller Leidwesen den Alltag der Patientenversorgung“, konstatiert Dr. Petra Jessen, die Sprecherin der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte. „Patienten, die ohne Absage vereinbarte Untersuchungs- oder Behandlungstermine verstreichen lassen, verschärfen die Probleme. Leider geschieht dies immer öfter. Für Facharztpraxen mit hohem technischen und personellem Vorhaltebedarf ist das eine ganz besondere Schwierigkeit: Obwohl die Wartelisten lang sind, gibt es dadurch immer wieder Terminlücken, die nicht für die Versorgung von anderen wartenden Patienten genutzt werden können.“

Zum Beispiel die Darmspiegelung: Das ist die wichtigste Vorsorge gegen Krebs, weil mit ihr eine der häufigsten Krebstodesursachen verhindert werden kann. Sie kann aber nicht spontan durchgeführt werden. Die Patienten werden im Vorfeld aufgeklärt und müssen vor der Untersuchung eine Prozedur zur Darmreinigung durchlaufen. Diese beginnt am Abend vor dem Untersuchungstermin.

„Wenn also ein angemeldeter Patient es sich im letzten Moment anders überlegt und einfach nicht kommt“, so Dr. Jessen, „haben wir in der Praxis alle Apparaturen vorbereitet, unsere Assistentinnen stehen bereit, im Ablauf entsteht eine Lücke. Trotzdem können wir nicht einfach kurzfristig einen anderen Patienten einschieben, weil die ganze Vorbereitung noch nicht erfolgt ist. Patienten, die vielleicht schon eine Krebsvorstufe in sich tragen, „Alarmsymptome“ haben, müssen weiter warten, nur weil rücksichtslose Menschen nicht rechtzeitig oder oft auch überhaupt nicht absagen.“

Bei 10 Prozent Praxisausfällen gehen inzwischen einige Kollegen dazu über, säumigen Patienten eine Rechnung zu schicken. Aber das ist eigentlich nur ein hilfloser Versuch, Terminschwänzer zu disziplinieren. „Unser wirkliches Interesse ist es, ungenutzte Untersuchungszeiten zu vermeiden“, betont Dr. Jessen. „Wir appellieren nachdrücklich an das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen, aus Rücksicht gegenüber Mitpatienten, bei Verhinderung Termine rechtzeitig abzusagen!“

Quelle: www.magen-darm-aerzte.de

Sind Intervallkarzinome anders?

Ergebnisse aus der Gastroenterologischen Praxis Herne und dem Institut für Pathologie der
Ruhruniversität Bochum

In einer großen Gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis in Herne (Ruhrgebiet) wurden
zwischen dem 1.10.2002 und 30.6.2017 insgesamt 13.568 Vorsorgekoloskopien (VK)
durchgeführt und dokumentiert. Dabei wurden bei 1.501 (11,1%) Personen ein oder mehrere
Adenome polypektomiert, bei 17.4% Patienten adenomatöse Polypensprossen biopsiert und
115 Karzinome (0.85%) festgestellt. Die Adenomdetektionsrate (ADR) betrug insgesamt
28.5%.
Bei Kontrollkoloskopien wurden in diesen fast 15 Jahren bei 34 Patienten mit oder ohne
Symptome ein Intervallkarzinom (Postcolonocopy colorectal cancer (PCCRC)) (0.25%)
identifiziert und behandelt. Bei 18 von 34 Patienten wurde das PCCRC innerhalb von fünf
Jahren (24-60 Monate) nach der Indexkoloskopie entdeckt (0.13%), bei 16 zwischen 72 und
150 Monate (0.12%) (1).
Im Rahmen einer Dissertation* am Institut für Pathologie der Ruhruniversität Bochum (Frau
Prof. A. Tannapfel) wurde diese Kohorte der PCCRC nun weiter aufgearbeitet. Aus dem
Kollektiv von 34 Patienten aus der Gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis in Herne
lagen von 24 Patienten Proben im Institut für Pathologie aus Bochum vor, welche für weitere
Untersuchungen genutzt wurden.

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In dem analysierten Datensatz mit 34 PCCRC-Patienten waren 55,8 % männlich und 44,2 %
weiblich. Das durchschnittliche Intervall betrug 48,8 Monate (6-149 Monate). Das
Durchschnittsalter lag bei 72,3 Jahren, wobei das durchschnittliche Alter bei einer
Kolonkarzinomdiagnose aller VK in der Praxis bei 67 Jahren lag.
Bei 64,7 % war das PCCRC im proximalen Kolon und bei 35,3 % im distalen Kolon
lokalisiert. Die Lokalisation stimmte bei 14 Patienten (41,2 %) mit zuvor entfernten Läsionen
überein, was für nicht vollständig entfernte Läsionen sprechen könnte.
Je höher die T-Kategorie war, desto länger war das durchschnittliche Intervall der PCCRC-
Diagnose (T1 = 58 Monate, T2 = 65 Monate, T3 = 76 Monate, T4 = 107 Monate). Zudem
zeigten die Karzinome, welche im proximalen Kolon lokalisiert waren, eine im Durchschnitt
weiter fortgeschrittene Infiltrationstiefe.

50 % (11/22) der PCCRC, von denen insgesamt 22 Proben auswertbar waren, konnten in
der Fragmentlängenanalyse als MSI-high eingeordnet werden, 9,1 % (2/22) als MSI-low und
40,9 % (9/22) als MSS. Der Mikrosatellitenstatus war bei 7 Karzinomen (46,7 %) des
proximalen Kolons stabil und bei 8 (53,3 %) instabil. Im distalen Kolon waren zwei (28,6 %)
der sieben detektierten Karzinome stabil und fünf (71,4 %) instabil. Die Karzinome im
distalen Kolon zeigten zu 100% eine Veränderung im MLH1-Protein, teilweise in
Kombination mit anderen Proteinen. Die Karzinome im proximalen Kolon hatten je 71,4 %
Veränderungen im MHL1- und MSH2-Protein.

Die Next Generation Sequenzing (NGS)-Untersuchung, eine Methode zur DNA
Sequenzierung, welche mit einem Panel von 25 Genen durchgeführt wurde(AKT1, ALK,
BRAF, CDKN2A, CTNNB1, DDR2, PYD, EGFR, ERBB2, GNA11, GNAQ, GNAS, KIT,
KRAS, MAP2K, MET, NRAS, PDGFRA, PIK3CA, PTEN, SMAD4, TP53, TPMT, VHL,
BRCA2), ergab 47 verschiedene Genveränderungen in 25 Genen, die in den untersuchten
und auswertbaren 21 KRK insgesamt 82mal auftraten, welche mit der ClinVar Datenbank
des National Center for Biotechnology Information (NCBI) verglichen wurden. Als
Genveränderungen konnten 23 für das KRK bekannte pathogene Mutationen in vier Genen
(BRAF: n = 3, KRAS: n = 8, PIK3CA: n = 3, TP53: n = 9), sieben vermutlich pathogene

Mutationen in sechs Genen (BRAF: n = 1, CTNNB1: n = 2, DDR2: n = 1, KRAS: n = 1,
PTEN: n = 1, TPMT: n = 1), 22 Varianzen unklarer Signifikanz (VUS) in acht Genen, 30
benigne Alterationen in drei Genen und eine unbekannte Mutation in einem Gen (DDR2: n =
1) nachgewiesen werden.
Für das KRK bekannte pathogene Mutationen konnten in der NGS-Analyse für TP53 in 42,9
% (9/21), für KRAS in 38,1 % (8/21), für BRAF und PIK3Ca in jeweils 14,3 % (3/21) der
untersuchten Proben identifiziert werden. 27,3 % (3/11) der MSI-high PCCRC wiesen eine
BRAF-Mutation auf und 36,4 % (4/11) eine MHL1-Promotormethylierung. Dabei kamen 90 %
der KRAS-Varianten in proximal gelegenen Tumoren vor und 75 % der BRAF-Varianten in
Tumoren des distalen Kolons.
Hinweise für ein hereditäres KRK, speziell für ein Lynch-Syndrom, ergaben sich nicht.
Zusammenfassung: Im Vergleich zum konventionellen kolorektalen Karzinom (KRK) zeigte
sich bei PCCRC eine häufigere Lokalisation im proximalen Kolon sowie eine erhöhte Rate an
MSI-high-Karzinomen, was auch in anderen Studien erarbeitet wurde. In Bezug auf andere
klinische und histopathologische Merkmale sowie die Häufigkeit weiterer
molekularpathologischer Veränderungen ergaben sich jedoch keine Unterschiede. Diese
Befunde unterstützen die Hypothese, dass PCCRC verstärkt über den serratierten
Karzinogeneseweg entstehen könnte, da dessen Vorläuferläsionen oft flacher, kleiner und
schwerer abgrenzbar sind, was ihr Übersehen begünstigen könnte [2,3] .
Dies unterstreicht neben der generellen Wichtigkeit der Vorsorgekoloskopien, die Bedeutung
einer gründlichen Koloskopievorbereitung, einer sorgfältigen Durchführung der Endoskopie
– gegebenenfalls unter Einsatz von NBI (Narrow Band Imaging) oder KI-Unterstützung –
sowie einer fundierten Ausbildung der Endoskopikers [4,5] .

Literaturverzeichnis
[1] Hüppe D, Felten G, Hinz M, von der Ohe M, Wallner I, Zemke J, Tannapfel A. (2019)
Intervallkarzinome – der Albtraum des Endoskopikers? Z Gastroenterol;57:263-266
[2] Tischoff I, Tannapfel A (2021) Pathohistologie von Polypen des Gastrointestinaltrakts.
Internist (Berl) 62:123–132
[3] Aerts R, Severi C, van Roey G, Harlet R, T’Syen M, Claessens C, van Gool S, Croonen
C, Janssens J (2021) A single-centre analysis of post-colonoscopy colorectal cancer.
Acta Gastroenterol Belg 84:401–405
[4] Anderson JC, Rex DK, Mackenzie TA, Hisey W, Robinson CM, Butterly LF (2024)
Endoscopist adenomas-per-colonoscopy detection rates and risk for postcolonoscopy
colorectal cancer: data from the New Hampshire Colonoscopy Registry.
Gastrointestinal endoscopy 99:787–795
[5] Li M-D, Huang Z-R, Shan Q-Y, Chen S-L, Zhang N, Hu H-T, Wang W (2022)
Performance and comparison of artificial intelligence and human experts in the
detection and classification of colonic polyps. BMC gastroenterology 22:517
Autoren:
Dr. med. Jessica Rüsen (Aarau, CH)*
Dr. med. Dietrich Hüppe (Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Herne)

170. Sitzung des gastroenterologischen Arbeitskreises

Am Montag, den 11. November 2024, 19 Uhr, findet die 170. Sitzung des gastroenterologischen Arbeitskreises im EvK Herne statt. Folgende Beiträge sind bisher eingegangen:

  • Infektionen des Gastrointestinaltraktes
    PD. Dr. Carolin Manthey, Gemeinschaftspraxis Innere Medizin, Witten
  • Zehn Jahre Deutsches Hepatitis C-Register (DHC-R) – eine Erfolgsgeschichte
    D. Hüppe, Herne

169. Sitzung des gastroenterologischen Arbeitskreises

Am Montag, den 07. Oktober 2024, 19 Uhr, findet die 169. Sitzung des gastroenterologischen Arbeitskreises im EvK Herne statt. Folgende Beiträge sind bisher eingegangen:

  • Chronische Obstipation: Welche Rolle spielen operative Verfahren?
    Dr. O. Thaher
  • Insuffizienz der biliodigestiven oder Pankreasanastomose: Ursachen, Inzidenz, wie vermeiden?
    C. Braumann
  • Was bedeutet der Erfolg einer Therapie – für den Arzt und für den Patienten?
    M. Sandmann

Pressebericht zum 168. Qualitätszirkel

Der Gastroenterologische Qualitätszirkel, 1994 gegründet, traf sich am 26. August
2024 zu seiner 168. Sitzung im Marienhospital in Herne. Zu den regelmäßigen
Sitzungen kommen Hausärzte, niedergelassene Fachärzte und Klinikkollegen, die
Patienten mit Magen-Darm- und Lebererkrankungen betreuen. Bei dem aktuellen
Treffen referierten (vl.) Dr. Dietrich Hüppe (Gastroenterologische
Gemeinschaftspraxis Herne), Dr. Ralf Schmidt, (EvK Herne) und Dr. Jörn Scholle
(EvK Gelsenkirchen) über aktuelle Daten der Darmkrebsvorsorge, HPV-Impfung und
Analkarzinom und Magen-Darm-Blutungen unter Blutgerinnungshemmern.

Gastroenterologischer Qualitätszirkel

(vl.) Dr. Dietrich Hüppe (Gastroenterologische
Gemeinschaftspraxis Herne), Dr. Ralf Schmidt, (EvK Herne) und Dr. Jörn Scholle
(EvK Gelsenkirchen)

168. Sitzung des Gastroenterologischen Arbeitskreises

Am Montag, den 26. August 2024, 19 Uhr, findet die 168. Sitzung des gastroenterologischen Arbeitskreises im Marienhospital Herne statt. Folgende Beiträge sind bisher eingegangen:

  • Analkarzinom – Screening, Therapie und Nachsorge
    R. Schmidt
  • GI-Blutungen unter Direkt Oralen Antikoagulantien (DOAK)
    J. Scholle
  • Darmkrebs und Darmkrebsvorsorge – Neue Daten, Neues aus der Leitlinie
    D. Hüppe